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Antworten für Hessens Lehrkräfte

Pressemitteilung des dlh-Kreisverband Kassel zur städtischen Schulpolitik vom 30.11.2020

Lehrerverband: neuer trauriger Höhepunkt der städtischen Schulpolitik

„Das ist ein neuer trauriger Höhepunkt der städtischen Schulpolitik in Zeiten der Corona-Pandemie.“

Mit diesen Worten kommentiert Boris Krüger, Kasseler Kreisvorsitzender des Deutschen Lehrerverbandes Hessen (dlh), die Anordnung des Amtes für Schule und Bildung der Stadt Kassel an die Fridtjof-Nansen-Schule, die dort mit privaten Mitteln angeschafften Luft-reiniger unverzüglich abzubauen. Aus Sicht des dlh gefährde man hier ohne jede Notwendig-keit die Gesundheit von Schülerinnen, Schülern, Lehrkräften und deren Angehörigen. 

 

 

 

 

Der von Schuldezernentin Ulrike Gote angeführte Studie des Umweltbundesamtes stehen anderslautende Erkenntnisse der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität der Bundeswehr München gegenüber. Aber anstatt den wissenschaftlichen Dissens zu berücksichtigen und vorsichtig zu agieren, suche sich die Stadt Kassel die Expertenmeinung heraus, die ihr ins Konzept passe. Krüger resümiert: „Natürlich ist der Luftaustausch durch geöffnete Fenster immer effektiver als derjenige durch technische Hilfsmittel. Aber mit dem beginnenden Winter sind durch die frostigen Temperaturen, die in den Klassenräumen durch die Stoßlüftung alle 20 Minuten hervorgerufen werden, zahlreiche Erkältungskrankheiten bei den Kindern vorpro-grammiert. Wegen der Ähnlichkeit ihrer Symptome mit denen der Corona-Pandemie müssen Testkapazitäten zur Abklärung herangezogen werden, die dann anderswo fehlten. Zudem könnten unnötigerweise ganze Klassen in Quarantäne geschickt werden, wo doch die Auf-rechterhaltung des Präsenzunterrichts aktuell das oberste Ziel der Politik ist.“ 

Der dlh reiht die Anordnung der städtischen Behörde in eine lange Reihe von falschen oder zu spät erfolgten Entscheidungen ein. Dazu gehörten z.B. die schon länger vorhandene ablehnende Haltung gegenüber Luftreinigern, weswegen von den entsprechenden Landesmitteln in Höhe von 10 Millionen Euro noch kein einziger Cent von der Stadt Kassel abgerufen worden sei, oder die viel zu spät erfolgte Anordnung, auch während des Unterrichts einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. „Alles, was die Schulen von der Stadt zur Eindämmung der Corona-Pandemie bekommen haben, sind Flüssigseife, Papierhandtücher und gerade mal eine CO2-Ampel für 50 Klassenräume.“, so Krüger. Während die Stadt zu keinen weiteren Investitionen in die Gesundheit der Schüler und Lehrer bereit sei, habe sie aber andererseits das Geld dafür, eine bunte Hochglanzbroschüre darüber zu drucken, wie man einen Klassenraum richtig lüftet, und diese flächendeckend an den städtischen Schulen zu verteilen. „Wir Lehrkräfte fühlen uns hier mehr als gegängelt, da die Broschüre uns ja unterstellt, dass wir nicht richtig wissen, wie wir die Gesundheit unserer Schülerinnen und Schüler schützen.“ 

Der dlh fordert daher die Stadt Kassel auf, endlich ihre Blockadehaltung gegenüber den Forderungen von Schülern, Eltern und Lehrern aufzugeben und in einen echten Dialog mit ihnen über Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu treten. Krüger abschließend: „Ideal wäre es, wenn auch in den Schulen die Abstandsregeln, die sonst überall gelten, durch eine Verkleinerung der Lerngruppen eingehalten würden. Solange dies politisch nicht gewollt ist, muss ein möglichst umfassender Schutz der Gesundheit aller Personen erfolgen, die in den 

Schulen tätig sind. Und da stellen die nun verbotenen Luftreinigungsgeräte eine der effektivsten Maßnahmen dar.“ 

Lohfelden, den 30.11.2020 

ViSdP: Boris Krüger, Crumbacher Str. 19 b, 34253 Lohfelden, Tel. 0151 42341192 

Stellungnahme des dlh vom 25.09.2020 zu den Empfehlungen der Leopoldina aus der 6. Ad-hoc-Stellungnahme „Coronavirus-Pandemie: Wirksame Regeln für Herbst und Winter aufstellen“ vom 23.09.2020

Aus der kürzlich publizierten 6. Ad-hoc-Stellungnahme „Coronavirus-Pandemie: Wirksame Regeln für Herbst und Winter aufstellen“ der Leopoldina ist zu entnehmen, dass die Einhaltung der AHA-Regeln nach wie vor den besten Schutz vor einer Infektion mit dem Corona-Virus bietet. Eine Einhaltung der AHA-Regeln ist jedoch nur möglich, wenn in den Schulen die Lerngruppen entsprechend verkleinert werden.

Aus dem Befund, dass „in Aerosolen auch im Abstand von mehr als 2 m vermehrungsfähige Viren nachgewiesen werden“ konnten, zieht die Leopoldina die Schlussfolgerung, „dass größere Menschenansammlungen, bei denen das Einhalten der Abstandsregel, das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes und ein entsprechender Luftaustausch nicht ausreichend gewährleistet werden können, weiterhin nicht stattfinden sollten.“

Da in hessischen Klassen- und Kursräumen mindestens zwei der drei genannten Schutz-Bedingungen der AHA-Regeln, nämlich die Einhaltung der Abstandsregel und das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes, nicht erfüllbar sind, muss aus Gründen des Infektionsschutzes die Klassen- und Kursgröße deutlich reduziert sowie den räumlichen Begebenheiten angepasst werden, wo angemessenes Lüftungsverhalten nicht möglich ist. Diese Reduktion hätte zugleich den positiven Nebeneffekt, dass ein deutlich effektiveres und zielgerichtetes Lernen stattfinden könnte, was überfüllte Klassen zumeist verhindern. Jedwede Förderbedarfe ließen sich so ebenfalls leichter und individueller berücksichtigen.

Des Weiteren fordert der dlh die Ausstattung aller Schulformen mit CO2-Ampeln und Lüftungsanlagen, damit Schulgebäude generell zukunftsfähig ausgestattet sind. Denn ein gesundes Raumklima ist auch in Zukunft wichtig für das Zusammensein im Lebensraum Schule.

Der dlh mit seinen Gliedverbänden hphv, glb und VDL ruft daher die Landesregierung dazu auf, mit Hilfe eines Nachtragshaushalts finanzielle, personelle und räumliche Möglichkeiten – insbesondere durch eine Reduktion der Klassen- und Kursgrößen – zu einem wirksamen Gesundheitsschutz und angemessenen pädagogischen Rahmenbedingungen zu schaffen. Zum Wohle der Lehrkräfte, Schülerinnen, Schüler, Auszubildende und Studierende.

 

Nieder-Olm, den 25.09.2020

Pressemitteilung des dlh zum geplanten Vollbetrieb an hessischen Grundschulen ab dem 22. Juni 2020

Der Deutsche Lehrerverband Hessen (dlh) steht dem geplanten Vollbetrieb an hessischen Grundschulen ab dem 22. Juni 2020 kritisch gegenüber.

„Der Wegfall jeglicher Abstandsregeln ist gerade für Lehrkräfte, die selbst zur Risikogruppe gehören oder mit Personen der Risikogruppe im Haushalt leben, beängstigend. Denn von Maßnahmen, die den Lehrkräften zum Schutz vor einer Infektion bereitgestellt werden, ist nichts zu sehen bisher“, sagt die Landesvorsitzende Annabel Fee. Die Rede sei aktuell nur von einem kompletten Hochfahren des Präsenzunterrichts in den beiden Wochen vor den Sommerferien. „Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte werden als Versuchskaninchen missbraucht, an denen man testet, ob die Infektionsrate durch einen normalen Schulbetrieb steigt. Nur weil irgendein Virologe meint, dass Kinder weniger infektiös sind. Bewiesen ist diese Vermutung nicht. Wünschenswert wäre es gewesen, wenn es einen klaren Schnitt gegeben hätte, und der Vollbetrieb erst nach den Sommerferien und einer weiteren Beobachtung der Pandemie-Entwicklung erfolgt wäre“, erläutert Fee weiter.

Ihre Stellvertreterin Kerstin Jonas sieht vor allem das Kultusministerium und die Schulträger in der Pflicht, zumindest dafür zu sorgen, dass die Reinigungsquote während des „Testlaufs“ deutlich erhöht wird. „Eine einmalige Reinigung pro Tag mit Flächendesinfektion erscheint nicht ausreichend und grob fahrlässig. Es gibt weder Spuckschutz noch wirksame Masken für Lehrkräfte, die zwar gerne für die Schülerinnen und Schüler da sein möchten, jedoch Angst vor einer Ansteckung haben. Angst lähmt und ist kein guter Berater in einer solchen Zeit. Dem Dienstherrn sollte daran gelegen sein, zumindest Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Anschein von Sicherheit für die Bediensteten erwecken“, meint Jonas. „Mit einer großen Infektionswelle und langfristigen Ausfällen unter den Lehrkräften – gerade an den Grundschulen – ist nichts gewonnen. Damit wird der Lehrkräftemangel nur noch verschärft, denn: es gibt keine verfügbaren Grundschullehrkräfte, die nur darauf warten, eingestellt zu werden!“

Der dlh fordert daher 3x täglich eine Reinigung der schulischen Räumlichkeiten durch professionelles Personal sowie das Zur-Verfügung-stellen von FFP2-Masken und Spuckschutz für alle Lehrkräfte, die der Risikogruppe angehören und trotzdem arbeiten möchten oder die mit Angehörigen der Risikogruppe leben. Außerdem fordert der dlh eine verbindliche Testung aller Lehrkräfte und Grundschüler*innen vor Beginn der zweiwöchigen Testphase sowie am Ende der Zeit, damit der „Schulversuch“ zumindest wissenschaftlich ausgewertet werden kann.

„Wir stellen außerdem fest, dass mit der Freiwilligkeit des Schulbesuchs für die Schülerinnen und Schüler die Arbeitsbelastung für die Lehrkräfte steigt, da die Kinder, die im Homeschooling verbleiben parallel zum Klassenunterricht ebenfalls mit Materialien versorgt werden müssen“, merkt Annabel Fee an. „Es sollte dann auch seitens des Ministeriums geklärt werden, ob die Kinder, die zu Hause bleiben, verpflichtende Aufgaben erhalten, oder ob sie letztlich – im Gegensatz zu den anderen Kindern – schon zwei Wochen früher Sommerferien haben. Schließlich ist die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte aller Schulformen in den vergangenen Wochen durch die Kombination aus digital teaching und Präsenzunterricht bereits auf ein Level angestiegen, das so auf Dauer nicht gehalten werden kann. Geregelte Arbeitszeiten waren das nicht – eher Arbeiten rund um die Uhr!“

Generell moniert der dlh auch aufs Schärfste, dass die schulischen Neuerungen der vergangenen Wochen seitens der Landesregierung und des Kultusministeriums stets ohne Einbezug der Lehrkräfte und Schulleitungen erfolgten. Prinzipiell erfuhren die Betroffenen aus der Presse und teilweise durch die Eltern der Schülerinnen und Schüler von Entwicklungen im Schulbetrieb.

Eine Pressekonferenz über die schulischen Planungen bis zu den Sommerferien an einem Mittwochmorgen um 10 Uhr durchzuführen, an dem Lehrkräfte im Unterricht und nicht vor dem Fernseher zu finden sind, zeugt nicht von gutem Stil. Es wurde in den vergangenen Wochen und Monaten viel zu oft über die Köpfe von Lehrkräften hinweg entschieden. Eine rechtzeitige Information aller Betroffenen vor einer medienwirksamen Verkündung in der Presse wäre nur recht und billig und vor allem wertschätzend gegenüber den Menschen gewesen, die in den vergangenen Wochen unter miserablen Bedingungen (Arbeitszeiten, die über ein normales Maß weit hinaus gingen und digital teaching ohne dienstliche Endgeräte sollen hier nur zwei kleine Beispiele sein) ihr Bestes gegeben haben.

Der dlh appelliert an das Kultusministerium und die Landesregierung, alles zu tun, um den Arbeitsplatz Schule sowie den dienstlichen Einsatz für alle Lehrkräfte sicher und transparent zu gestalten!

 

Nieder-Olm und Fulda, den 11.06.2020                        Annabel Fee und Kerstin Jonas

Kontakt:                                                      

Pressemitteilung dlh Vollbetrieb Grundschule Hessen 20200611