Warum werden gleichwertige
Leistungen unterschiedlich bezahlt?

Antworten für Hessens Lehrkräfte

Stellungnahme des Deutschen Lehrerverbandes Hessen (dlh) zum Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN „Zweites Gesetz zur Anpassung des Hess. Schulgesetzes und weiterer Vorschriften an die Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus“, Drucksache 20/4904

Der Deutsche Lehrerverband Hessen (dlh) bedankt sich für die Möglichkeit der Stellungnahme zum vorliegenden Gesetzesentwurf zur Anpassung des Hessischen Schulgesetzes.

Stellungnahme KPA zum Gesetzentwurf 20-4904

Die Corona-Pandemie macht ergänzende rechtliche Regelungen notwendig, diese werden auch grundsätzlich von uns begrüßt. Für alle Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Studierenden und Auszubildenden haben sich die Berufs- und Lebensbedingungen massiv verändert.

Wir möchten in unserer Stellungnahme einige Punkte des Gesetzesentwurfes aufgreifen und problematisieren:

Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass in dieses Gesetz nur Maßnahmen einfließen sollten, die in unmittelbaren Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen. Die im Entwurf zu lesenden Regelungen gehen teils bis weit über die Pandemie hinaus.

Zu ausgewählten Punkten des Gesetzesentwurf nehmen wir wie folgt Stellung:

Artikel 1

(3)

Wir lehnen Unterstützungsmaßnahmen während der Ferienzeiten, sogenannte Akademien und Camps, grundsätzlich ab, wenn diese von Lehrkräften durchgeführt und von den Schulleitungen organisiert werden sollen. Ferien sind Erholungszeiten, diese sollte auch für alle gelten. Lehrkräfte sind darauf angewiesen, in diesen Zeiten ihren Urlaub zu nehmen. Die Bestimmung, dass zur Durchführung von Förderangeboten in den Ferien auch Kräfte, die nicht der Schule angehören, beschäftigt werden, sollte prinzipiell keine „kann“, sondern eine „soll“-Bestimmung werden. Insbesondere junge Lehrkräfte, die womöglich noch ihre Lebenszeitverbeamtung vor sich haben, könnten ansonsten unter Druck geraten, wenn sie von ihren Schulleitungen „gebeten“ würden, einen Ferienkurs zu übernehmen. Hier muss es eine ganz klare Abgrenzung zugunsten der in der Schule tätigen Lehrkräfte und externen Kräften geben. Darüber hinaus haben die Erfahrungen der sogenannten Ferienakademien im letzten Sommer gezeigt, dass es bei weitem nicht die Schülerinnen und Schüler in Anspruch genommen haben, die es nötig gehabt hätten, oftmals saßen dort die ohnehin schon guten Schülerinnen und Schüler und nicht zuletzt wurde das Angebot von den Eltern als Betreuungsmöglichkeit in den Ferien angesehen.

(7)

Der Deutsche Lehrerverband Hessen (dlh) sieht diesen Punkt problematisch. Bis zum Beginn der Weihnachtsferien 2020 und auch nach dem 22. Februar (Klasse 1-6, Q2 und Abschlussklassen schon seit dem 11. Januar) findet Präsenzunterricht statt. Den Lehrkräften ist es im Verlauf des Schuljahres aufgrund ihrer Professionalität durchaus gelungen, das Erbringen von Schülerleistungen zu ermöglichen und zu bewerten. Zudem machen zurzeit die Schulen auch von ihrem Recht Gebrauch, die Anzahl der Leistungsnachweise und Klassenarbeiten auf Antrag zu reduzieren; auch dies entzerrt den Druck auf die Schülerinnen und Schüler. Mit der Aussetzung der Nichtversetzung ist mittel- bis langfristig mit Spätfolgen für die betroffenen Schülerinnen und Schüler zu rechnen, besonders im psychischen Bereich, ohnehin schon bedingt durch die Corona-Pandemie. Die Überforderung in der nächsten Klassenstufe, der permanente Stress, sich an der Leistungsgrenze zu befinden und nicht zuletzt die damit sinkende Motivation und zunehmende Resignation, sind nicht förderlich für die seelische Gesundheit der jungen Menschen. Wir begrüßen die Möglichkeit einer Option der freiwilligen Wiederholung ohne Anrechnung auf die maximale Anzahl der Wiederholungen.

Artikel 15

Viele der genannten Punkte sind aus unserer Sicht begrüßenswert und auch pandemiebedingt nachvollziehbar. Jedoch werden insbesondere in (2) und (3) Abweichungen von Stundentafeln und Wochenstunden als „kann“-Bestimmung toleriert und an die Schulen verlagert. Diese Verlagerung von Entscheidungen sollte einheitlich vom Ministerium kommen, um eine Transparenz in der Schullandschaft zu gewährleisten. Außerdem bedeutet eine Übertragung auf die Schulleitungen abermals Mehrarbeit, dies sollte unbedingt vermieden werden.

(9) und (11)

Hier lehnt der Deutsche Lehrerverband Hessen (dlh) die Durchführung mittels Videokonferenz bzw. in elektronischer Form ab. Dies würde sowohl Möglichkeiten zu Täuschungsversuchen bieten, als auch die technischen Herausforderungen (bisher kein flächendeckendes WLAN an allen Schulen beispielsweise) an ihre Grenzen stoßen. Es muss seitens des Ministeriums außerdem gewährleistet sein, dass der notwendige Infektionsschutz vorhanden ist, besonders bei Abiturprüfungen sollte dies aufgrund der geringeren Anzahl an Personen im Raum und im Schulgebäude kein Problem darstellen. Im Hinblick auf Impfangebote steht das Ministerium in der Pflicht, diese auf alle in der Schule Tätigen auszuweiten!

Dazu hat sich auch unser Gliedverband GLB in seiner Stellungnahme ausführlich geäußert und dieser Forderung schließen wir uns vollumfänglich an!

Artikel 23 in Verbindung mit §83a und §83b HSchG (Artikel 1)

Der Deutsche Lehrerverband Hessen (dlh) lehnt diese Regelungen ab. Weder die Lehrkräfte noch die Schülerinnen und Schüler und Eltern sollen zukünftig zustimmen müssen, sondern lediglich nur noch informiert werden. Der „Schutzraum Klassenzimmer“ wird somit zu einer offenen Bühne und stellt die Rechtssicherheit im Hinblick auf die Nutzung und Weitergabe von personenbezogenen Daten in Frage. Durch das Ausrichten der Kamera überwiegend auf Lehrkraft und Tafel wird in diesem Entwurf deutlich, dass das Recht am eigenen Bild der Lehrkraft komplett ausgehebelt wird. Zwar wird das heimliche Aufzeichnen und die Weitergabe von Daten aus Videokonferenzen verboten, jedoch zeigen bereits einige Beispiele aus der Schulpraxis, dass dieser Missbrauch bereits etliche Male durchgeführt wurde und gerade bei jungen Heranwachsenden kaum zu verhindern ist, nicht zuletzt durch die Fülle an technischen Möglichkeiten und sozialen Medien, die den Jugendlichen zur Verfügung stehen. Jeder Lehrkraft, aber auch jeder/m Schülerin und Schüler sollte es freigestellt sein, ob das eigene Gesicht gezeigt werden soll oder nicht; die fehlende Bereitschaft dazu muss gegenseitig respektiert werden.

Der Deutsche Lehrerverband (dlh) plädiert dafür, zunächst die Entscheidung des EuGH vor dem Hintergrund der Einführung von Livestreamunterricht in Schulen abzuwarten (PM des VG Wiesbaden Nr. 03/2021 vom 27.01.2021).

Wir möchten hierbei jedoch betonen, dass wir die digitalen Möglichkeiten für einen zeitlich begrenzten Rahmen im Hinblick auf Digitalunterricht in außergewöhnlichen Zeiten, wie Pandemien, begrüßen. Besonders in Pandemiezeiten bieten sich hier diverse Möglichkeiten, den Kontakt mit den Lerngruppen aufrecht zu erhalten und auch online zu unterrichten. Die pädagogischen Aspekte dürfen dabei nicht unterschätzt werden, denn gerade bei den Schülerinnen und Schülern ist zu beobachten, dass Routinen und tägliche Abläufe enorm wichtig sind.

Ein großer Kritikpunkt ist in diesem Zusammenhang nach wie vor die fehlende technische Ausstattung der Lehrkräfte. Es fehlen immer noch die dienstlichen Endgeräte, die den Lehrkräften versprochen wurden und wir fordern, dass diese umgehend und schnell den Lehrkräften zur Verfügung gestellt werden!

Viele Lehrkräfte haben sich darüber hinaus bereits auf eigene Kosten digital ausgestattet, um einen adäquaten Online-Unterricht zu gewährleisten. Wir fordern zusätzlich als Wahlmöglichkeit ein personalisiertes Budget für jede Lehrkraft, um die Anschaffungen im Rahmen des Digitalisierungsprozesses voranzutreiben.

Auch die Administration vor Ort an den Schulen in Form von externem IT-Support steckt noch in den Kinderschuhen. Hier bedarf es einer schnelleren Umsetzung und vor allem einer Erhöhung von personellen Ressourcen, damit dies nicht auch noch zusätzlich den Lehrkräften auferlegt wird.

Auch unsere Gliedverbände (GLB, hphv und VDL) haben in ihren Stellungnahmen wichtige Aspekte aufgegriffen, die wir in diesem Zusammenhang unterstützen.

Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne per Mail () zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

für den Deutschen Lehrerverband Hessen (dlh)

Annabel Fee

Landesvorsitzende des dlh