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Antworten für Hessens Lehrkräfte

Nachrichten aus dem Hauptpersonalrat der Lehrerinnen und Lehrer (HPRLL) II – 2022

Corona-Lockerungen im Schulalltag

Immer noch sind die Corona-Maßnahmen im Schulbereich und die damit verbundenen Auswirkungen im Schulalltag der zentrale Tagesordnungspunkt auf jeder Hauptpersonalratssitzung. Seit den letzten HRRLL-Nachrichten Mitte Januar gab es mehrere Maßnahmen, die alle ausführlich im Gremium – zusammen mit Vertretern der Dienststelle – erörtert wurden.

Seit Beginn des zweiten Schulhalbjahres wird an den Schulen ein neuer Antigen-Selbsttest eingesetzt. Problematisch ist aus Sicht der dlh-Fraktion bzw. des Hauptpersonalrates die Tastsache, dass dieser neue Test eines anderen Herstellers („COVID-19 Antigen Rapid Test Kit (Swab)“ der Firma Safecare Biotech) laut der vergleichenden Evaluierung der Sensitivität von SARS-COV-2-Antigenschnelltests des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) vom 31.01.2022 eine deutlich geringere Sensitivität als der Vorgängertest („CLINITEST Rapid COVID-19 Antigen Test“ der Firma Siemens Healthineers) aufweist. Bei hoher Viruslast wurden mit Hilfe des Tests von Siemens 87% der Infektionen aufgedeckt. Das neue Produkt von Safecare Biotech entdeckte im Test des PEI nur 60,9% der Infektionen mit hoher Viruslast. Die Gesamtsensitivität weicht um 14% ab (76% Siemens und 62% Safecare Biotech). Es kann demzufolge davon ausgegangen werden, dass deswegen zukünftig weniger Tests positiv ausfallen und Corona-Infektionen erst später erkannt werden, was zweifelsohne suboptimal ist, wenn es darum geht Infektionen frühzeitig zu erkennen und größere Ausbrüche im Klassenverband zu verhindern.

Erfreulich hingegen ist, dass jetzt auch „Lolli- und Spuck-Tests“ beschafft und verwendet werden können, wenn bei Schülerinnen und Schülern der in der Schule verwendete Test, bei dem ein Nasenabstrich mittels Wattestäbchen erfolgt, aus gesundheitlichen Gründen nicht durchgeführt werden kann. Dies hatte der HPRLL bereits seit längerem gefordert.

Momentan werden die Corona-Maßnahmen in allen Bereichen, etwa bei Veranstaltungen, im Sportsektor, in Restaurants und im Einzelhandel, sehr stark zurückgefahren und entsprechende Lockerungen, beispielsweise gilt in Hessen in der Gastronomie seit dem 04. März nur noch die 3G-Regel und nicht mehr 2G+, vorgenommen. Von dieser allgemeinen Entwicklung werden Hessens Schulen nicht ausgenommen, wobei dahingehend argumentiert wird, dass – wenn man in allen Bereichen des täglichen Lebens Corona-Maßnahmen abbaut und nur noch sehr wenige Einschränkungen zum Tragen kommen – man die Schüler(innen) von dieser Entwicklung nicht ausschließen dürfe, zumal man gerade ihnen in den letzten beiden Pandemie-Jahren sehr viel abverlangt habe. Diese Argumentation ist nach Einschätzung der dlh-Fraktion grundsätzlich nachvollziehbar. Alle Schüler(innen) und Lehrkräfte sehnen sich nach Lockerungen und wünschen sich endlich wieder einen „normalen“ Schulalltag ohne Maskentragen, regelmäßiges Testen und Abstandsregeln, davon kann ausgegangen werden.

Das Land Hessen hat entschieden, dass ab dem 07. März in den Schulen die Schüler(innen) am Sitzplatz keine Maske mehr tragen müssen. Die dlh-Fraktion sieht dies allerdings sehr kritisch und glaubt, dass man hier ein zu hohes Risiko eingeht, zumal die hessenweite 7-Tage-Inzidenz am 07. März 919,8 (Wiesbaden: 1.070,3) betrug, also immer noch sehr hoch war, und momentan die Corona-Infektionszahlen sowohl in Hessen als auch bundesweit wieder ansteigen. Mit Blick auf die anstehenden schriftlichen Abiturprüfungen nach den Osterferien ist diese schulpolitische Entscheidung noch weniger nachvollziehbar. Wenn es in einer Klasse einen positiven Corona-Fall gibt, wird die gesamte Lerngruppe seit dem 22. Februar nur noch 7 Tage lang täglich getestet, vorher waren es 14 Tage. Diese Verkürzung ist wohl vom epidemiologischen Standpunkt her grundsätzlich vertretbar. Die dlh-Fraktion hofft, dass die Aufhebung der Maskenpflicht am Sitzplatz nicht zu einer signifikanten Erhöhung der Infektionszahlen innerhalb der Schüler- und Lehrerschaft führen wird und alle anstehenden Abschlussprüfungen an Hessens Schulen ohne größere Probleme durchgeführt werden können.

 

Ukraine-Krieg – neue Herausforderungen für die Schulen

Der Ukraine-Krieg, der am 24. Februar begann und eine Zäsur der europäischen Nachkriegs- und Friedensordnung darstellt, stellt die hessischen Schulen, Schulleitungen, Lehrkräfte und Schülerschaft vor neuen Herausforderungen. Lehrkräfte versuchen mit ihren Klassen die Ereignisse einzuordnen und die möglichen Ursachen und Folgen des Krieges zu thematisieren. Sehr viele Lehrer(innen) wollen gemeinsam mit ihren Schülerinnen und Schülern den Menschen in der Ukraine und den Geflüchteten aus der Ukraine helfen, sie organisieren Hilfsgüter und sammeln Spenden.

Neben der Corona-Pandemie, die seit über zwei Jahren den Schüler(innen) sehr viel abverlangt und in vielen Fällen zu einer mentalen und psychischen Überlastung führen kann, kommt jetzt ein zusätzliches Belastungsmoment hinzu, die durch den Ukraine-Krieg erzeugte Verunsicherung und Betroffenheit und die damit einhergehenden (Zukunfts-)Ängste. Des Weiteren kann zum jetzigen Zeitpunkt davon ausgegangen werden, dass sehr viele aus der Ukraine geflüchtete Kinder und Jugendliche zukünftig Hessens Schulen besuchen werden. Man geht davon aus, dass es deutlich mehr Flüchtlinge geben wird als in den Jahren 2015/16.

In den kommenden Wochen, Monaten und Jahren musss sichergestellt werden, dass diese Schüler(innen), die in vielen Fällen durch Kriegs- und Fluchterlebnisse stark traumatisiert sind, adäquat beschult und psychologisch betreut werden können. Die dlh-Fraktion vertritt den Standpunkt, dass die Hessische Landesregierung rsp. das Hessische Kultusministerium umgehend auf die schon jetzt absehbaren zusätzlichen Herausforderungen und Aufgaben, die Hessens Schulen in Folge des Ukraine-Krieges und des dadurch ausgelösten Flüchtlingsstroms bewältigen werden müssen, reagieren und den Schulen zeitnah zusätzliche personelle Ressourcen und finanzielle Mittel zur Verfügung stellen muss.

 

Verdoppelung der Kostenobergrenzen für Schulfahrten und Schulwanderungen

Seit dem 2. Februar 2022 betragen die Kostenobergrenzen für Fahrten im Inland 300 EUR, bei langfristiger Ansparung 600 EUR. Auslandsfahrten dürfen künftig bis zu 450 EUR kosten, bei langfristiger Ansparung bis zu 900 EUR. In den vergangenen Jahren wurde es für die Lehrkräfte immer problematischer Klassenfahrten zu planen, weil die seit 2009 gültigen Kostenobergrenzen immer schwerer einzuhalten waren. Mit Blick auf die allgemeinen Preissteigerungen und Inflationsentwicklung der letzten Jahre ist diese Erhöhung nach Einschätzung der dlh-Fraktion nachvollziehbar und auch begrüßenswert, zumal dadurch auch eine langjährige Forderung vieler Lehrkräfte erfüllt wird. Die Schulen bzw. die Lehrkräfte sollen sich bei der Planung von Schulfahrten an den finanziellen Möglichkeiten der Eltern oder der volljährigen Schüler(innen) orientieren, d.h. natürlich, dass der Maximalbetrag nicht immer ausgeschöpft werden soll und kann, jedoch den Lehrkräften nun ein größerer, der Realität angepasster Finanzrahmen bei der Planung von Fahrten eingeräumt wird.

Noch nicht zufriedenstellend geregelt ist, so der Standpunkt der dlh-Fraktion, der Themenkomplex „Kosten, die den Lehrkräften im Kontext von Schulfahrten entstehen“.  Hier sollten zukünftig endlich die real angefallenen Kosten immer in vollem Umfang vom Land Hessen übernommen werden. Die derzeitige Regelung sieht zwar Tagespauschalen vor, die allerdings sehr niedrig angesetzt sind, so dass die Lehrkräfte oftmals einen Teil ihrer Dienstreise selbst finanzieren müssen, eine Praxis, die es bei anderen Landesbeamten so nicht gibt.

Der Erlass vom 7. Dezember 2009 (Schulwanderungen und Schulfahrten), in der schulischen Praxis auch Wander- und Fahrtenerlass genannt, wird momentan überarbeitet und wird wohl frühstens am 01. Februar 2023 in Kraft treten. Die Verdoppelung der Kostenobergrenzen Anfang Februar 2022 ist eine Vorgriffsregelung. Aller Voraussicht nach wird es in den nächsten Monaten im Hauptpersonalrat ein formales Beteiligungsverfahren geben. Hier wird sich die dlh-Fraktion natürlich dafür einsetzen, dass die oben skizzierten Missstände im Zusammenhang mit den anfallenden Kosten für die Lehrkräfte ein Ende finden.

 

Dienstliche Endgeräte – Planungen des Hessischen Kultusministeriums

Seit mehreren Monaten können hessische Lehrkräfte mit dienstlichen Leihgeräten, Tablets und Laptops, arbeiten und mit diesen ihren Unterricht durchführen, vor- und nachbereiten. Die Planungen des Hessischen Kultusministeriums hinsichtlich des Übergangs von den dienstlichen Leihgeräten zu den dienstlichen Endgeräten laufen bereits. Wenn der Digitalpakt 2024 ausläuft, soll es einen nahtlosen Übergang geben. Nach derzeitigem Planungsstand ist beabsichtigt, dass alle Lehrkräfte und sozialpädagogischen Fachkräfte bis Ende 2025 ein entsprechendes Endgerät erhalten. Die dlh-Fraktion begrüßt, dass das HKM schon frühzeitig konkrete Planungen vornimmt und auch sicherstellen möchte, dass die Endgeräte im Schulalltag von den Lehrkräften gut eingesetzt werden können und auch die Programme und Anwendungen zur Verfügung gestellt werden sollen, die an der jeweiligen Schulform gebraucht werden. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Die dlh-Fraktion wird weiterhin deutliche Verbesserungen und eine konkrete Unterstützung der Schulen im Kontext der Digitalisierungsoffensive des Landes einfordern. Ohne die Bereitstellung personeller Ressourcen, etwa durch die Gewinnung und Einstellung von zusätzlichem IT-Personal, welches sich um die Wartung und den Support der Geräte vor Ort in den Schulen kümmern kann, wird der durch die Corona-Pandemie ausgelöste Digitalisierungsschub an Hessens Schulen – dies ist zu befürchten – nicht nachhaltig sein.

 

Der dlh – drei Verbände vertreten Ihre Interessen

Im Deutschen Lehrerverband Hessen (dlh) arbeiten drei Verbände, der hphv (Hessischer Philologenverband – DIE Gewerkschaft der Gymnasiallehrkräfte), der GLB (Gesamtverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen in Hessen) und der VDL (Verband der Lehrer Hessen), gemeinsam daran, die Interessen der hessischen Lehrkräfte aller Schulformen auf Gesamt- und Hauptpersonalratsebene adäquat zu vertreten und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen zu erreichen. Die dlh-Fraktion im Hauptpersonalrat, Annabel Fee (hphv), Roselinde Kodym (glb), Tina Horneff (VDL, Gewerkschaftsbeauftragte und 1. Nachrückerin), Jasmin Richter (VDL), Peter Natus (hphv) und Jörg Leinberger (VDL, Gewerkschaftsbeauftragter und 1. Nachrücker), freut sich über Ihre Zuschriften und Anregungen. Sollten Sie ein Anliegen haben, das aus Ihrer Sicht im Hauptpersonalrat erörtert werden sollte, können Sie mir gerne eine E-Mail schreiben:

Nachrichten-HPRLL-dlh-II-2022

Für die dlh-Fraktion

Peter Natus, 14.03.2022