Nachrichten aus dem Hauptpersonalrat der Lehrerinnen und Lehrer (HPRLL) I – 2022
Schulbetrieb in Corona-Zeiten
Das Hauptziel des Hessischen Kultusministeriums besteht darin, die Schulen offen zu halten und
einen Regelbetrieb zu erm glichen. Mit einer Reihe von Maßnahmen, die alle seit Beginn des
Schuljahres 21/22 ausführlich im Hauptpersonalrat erörtert wurden, soll dieses Ziel realisiert
werden: mehrmaliges verbindliches Testen der ungeimpften Schüler(innen) und Lehrkräfte pro
Woche, freiwilliges Testen der Geimpften und Geboosterten, Präventionswochen, detaillierte
Hygienepläne, spezielle Quarantäne- und Isolationsregeln,Vorgaben für schulische Veranstaltungen,
Elternabende und Klassenfahrten, Maskenpflicht am Sitzplatz und im Schulgebäude, regelmäßiges
Lüften und mobile Luftfiltergeräte im Klassenraum.
Der dlh sieht durchaus, dass das Kultusministerium sich sehr darum bemüht, die Schulen in Corona-
Zeiten bei der Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts zu unterstützen und eine Rückkehr zum
Distanzunterricht zu verhindern.
Allerdings werden nicht alle Maßnahmen immer konsequent genug umgesetzt. Die Einführung des
Schüler-Testheftes und der damit verbundene zusätzliche Mehraufwand für die Schulen rsp.
Lehrkräfte sorgten in vielen Kollegien für Unmut. Außerdem sollte hierbei bedacht werden, dass
durch solche Maßnahmen auch immer wertvolle Unterrichtszeit verloren geht. Die Tests finden
immer in der 1. Stunde statt, so dass immer dieselben Fächer davon betroffen sind. Wenn es dann
zufällig ein Fach trifft, welches nur zwei Wochenstunden unterrichtet wird, erzeugt dies bei der
Lehrkraft keinen unerheblichen Stress, weil so der vorgegebene Unterrichtsstoff nur schwerlich
vermittelt werden kann, weil permanent Unterrichtszeit durch Corona-Maßnahmen gebunden wird.
Das Schüler-Testheft soll den Schülern und Eltern im Alltag eine Erleichterung bringen, weil die
dokumentierten schulischen Tests auch in der Freizeit und an Wochenenden als aktueller Corona-
Negativnachweis gelten und so beispielsweise problemlos einen Kinobesuch ermöglicht werden
kann. Solange der Unterricht regulär läuft und ein Schüler regelmäßig in der Schule getestet wird,
ist eine solche Regelung aus Sicht des dlh grundsätzlich akzeptabel. Was allerdings höchst
bedenklich ist, ist die Tatsache, dass das Schüler-Testheft auch in den Schulferien als aktueller
Corona-Negativnachweis gilt. Diese Regelung, die aus epidemiologischer und virologischer Sicht
einem Blindflug gleichkommt, hat die dlh-Fraktion bereits vor den Herbstferien und dann wieder
vor den Weihnachtsferien, als bereits die hoch ansteckende Omikron-Variante im Anflug war, scharf
kritisiert. Das Kultusministerium hat auf die Kritik in der Form reagiert, dass man den Schülerinnen
und Schülern empfohlen hat während der Weihnachtsferien zusätzlich die kostenlosen Bürgertests
in Anspruch zu nehmen, wenn man Freizeitangebote wahrnehmen möchte.
Nach den Weihnachtsferien haben die hessischen Schulen – trotz teilweise sehr hoher Inzidenzen
von über 500 und mehreren Hotspot-Regionen (Fulda, Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden,
Offenbach, Hochtaunuskreis) – ihren regulären Schulbetrieb in Präsenzform aufgenommen, wobei
u. a. folgende Regelungen zum Tragen kamen: Maskenpflicht in den Schulgebäuden und im
Unterricht, Schüler(innen) ohne Impf- und Genesenenstatus müssen sich dreimal pro Woche testen
(Dokumentation im Testheft), der aktuelle Hygieneplan des Kultusministeriums vom 08.11.2021,
ein- bis zweimaliges Stoßlüften pro Unterrichtsstunde.
Ob die Schulen nach derzeitigem Stand der Pandemielage und dem rasanten Anstieg der Corona-
Fallzahlen dauerhaft Präsenzunterricht im Regelbetrieb anbieten können, bleibt abzuwarten. Die
Schüler(innen), die Eltern und die Lehrkräfte wollen den Regelbetrieb und keine Rückkehr zum
Distanzunterricht, davon ist auszugehen. Der dlh möchte auch den Regelbetrieb, allerdings nicht um
jeden Preis. Der Gesundheitsschutz der Schüler(innen), der Lehrkräfte, des weiteren schulischen
Personals und des jeweiligen familiären Umfeldes sollte noch stärker in den Fokus der Schulpolitik
rücken. Momentan bewegt sich die hessische Schulpolitik – so die Einschätzung der dlh-Fraktion –
auf einem sehr schmalen Grat, wobei der Gesundheitsschutz und die politische Setzung (Die
Schulen müssen offen bleiben!) miteinander konkurrieren. Denkbar wäre auch gewesen, dass man
in den ersten beiden Wochen nach den Weihnachtsferien in der Schule täglich einen Test durchführt,
um so ein genaueres Bild über das tatsächliche Infektionsgeschehen zu bekommen und auf diese
Weise noch mehr Sicherheit und valide Fallzahlen zu bekommen, um dann adäquat mit den
entsprechenden schulpolitischen Maßnahmen auf die Omikron-Welle reagieren zu können.
Ministergespräch im HRPLL
Mitte Dezember fand das alljährliche Ministergespräch im Hauptpersonalrat statt. Über zwei
Stunden lang konnte der HPRLL alle relevanten schulpolitischen Themen mit Hessens
Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz erörtern. Hier wurden die schulpolitischen Neuerungen,
die es 2021 gab und immer noch in hohem Maße von Corona geprägt wurden, ebenso diskutiert wie
die möglichen Entwicklungen und Vorhaben, die 2022 schulpolitisch anstehen.
Folgende zentrale Themenfelder wurden u. a. angesprochen: die Zusammenarbeit zwischen
Kultusministerium und HPRLL unter Corona-Bedingungen, die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte
(Arbeitszeit, Gesundheitsschutz), das Förder-/Kompensationsprogramm „Löwenstark“, das
Hessische Lehrkräftebildungsgesetz und die Digitalisierung (dienstliche E-Mail-Adressen, ESZ:
Einheitlicher Schulzugang, „Schul-ID Hessen“).
Der HPRLL ging ausführlich auf die enorme Belastung, die durch das Unterrichten unter Corona-
Bedingungen (Maskenpflicht, regelmäßiges Lüften des Klassenraumes) und zusätzlicher Aufgaben
(Durchführung und Dokumentation der Schülertests) noch weiter gesteigert wurde, ein, wobei die
Bereitstellung angemessener Ressourcen für den Umgang mit einer heterogenen Schülerschaft, aber
auch eine deutliche Entlastung der Lehrkräfte, etwa durch die Reduzierung der Pflichtstunden,
gefordert wurden. Der HPRLL unterstrich, dass die Kollegien und Schulleitungen am Limit arbeiten
und hier ein dringender Handlungsbedarf besteht.
Mit einer Reduzierung der Pflichtstunden, dies wurde in den Ausführungen des Ministers deutlich,
ist wegen der hohen Kosten und des zusätzlichen Lehrerstellen-Bedarfs nicht zu rechnen, allerdings
betonte er, dass man die Schulen und Lehrkräfte gezielt unterstützen und so ein Stück weit entlasten
möchte, etwa durch das „Löwenstark“-Programm, welches auf zwei Jahre hin bis 2023 angelegt ist,
wobei eine mögliche Verlängerung des Programms denkbar sei. In diesem Kontext verwies der
Minister darauf, dass der Bildungsetat in Hessen 2022 um 230 Millionen Euro steigt und man so
auch Programme wie „Löwenstark“ finanzieren könne. Die unterrichtsbegleitende Unterstützung
durch sozialpädagogische Fachkräfte (UBUS) wurde auch thematisiert. Der Kultusminister
unterstrich, dass es in Hessen 1000 UBUS-Stellen gibt und man diesen Bereich noch weiter
ausbauen wolle. Auch die Aspekte „Verwaltungskräfte“ und „IT-Support-Programm“ wurden als
mögliche Entlastungsmomente für die Lehrkräfte angesprochen. Das Ziel sei es, so der Minister,
möglichst viele Kräfte für unterrichtsfremde Aufgaben zu organisieren, um auf diese Weise die
Lehrkräfte zu entlasten.
Nach Einschätzung des dlh sind die Schulklassen in Hessen immer noch in zu vielen Fällen viel zu
groß. Eine deutliche Herabsetzung des Klassenteilers wäre dringend geboten, um der Heterogenität
der Schülerschaft gerecht zu werden und den individuellen Lernfortschritt des einzelnen Schüler
besser abzusichern. Im Rahmen des Ministergespräches wurden explizit auch die Klassengrößen im
Grundschulbereich angesprochen. Laut Koalitionsvertrag war beabsichtigt, den Klassenteiler an
Grundschulen abzusenken. Momentan liegt er bei 25 Schüler(innen). Anfang September 2021
konnte man der Presse entnehmen, dass das Ministerium derzeit nicht beabsichtigt, dieses Ziel des
Koalitionsvertrags weiter zu verfolgen. Der HPRLL fragte nach, ob man sich von diesem Vorhaben
verabschiedet habe. Der Kultusminister unterstrich, dass man an dem Ziel festhalte und man
eventuell noch in dieser Legislaturperiode einen Schritt in diese Richtung, kleinere
Grundschulklassen, gehen werde.
Es bleibt festzuhalten, dass das Gespräch sehr konstruktiv war, man zwar an der ein oder anderen
Stelle eine andere Einschätzung hatte, was jedoch bei den unterschiedlichen Rollenverteilungen,
Kultusminister und Personalvertretung, nicht wirklich verwundert, aber trotzdem den gemeinsamen
Konsens suchte. Der dlh wird auch weiterhin versuchen, immer wieder die Situation an Hessens
Schulen deutlich zu beschreiben, auf Problemfelder hinzuweisen und Verbesserungen in puncto
Arbeitsbedingungen einzufordern, nicht nur in Pandemie-Zeiten.
Die dlh-Fraktion im HPRLL
Auch in diesem Jahr wird sich die dlh-Fraktion im Hauptpersonalrat für die Belange der hessischen
Lehrkräfte einsetzen. Der dlh-Fraktion gehören folgende Kolleginnen und Kollegen an:
Annabel Fee (hphv, Fraktionsvorsitzende, Fachgebiet: Gymnasiale Bildung),
Roselinde Kodym (glb, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Fachgebiet: Berufliche Bildung),
Tina Horneff (VDL, Gewerkschaftsbeauftragte, 1. Nachrückerin, Fachgebiet: Haupt- und Realschule, Gesamtschule),
Jasmin Richter (VDL, Fachgebiet: Grundschule),
Peter Natus (hphv, Fachgebiet: Gymnasiale Bildung) und
Jörg Leinberger (VDL, Gewerkschaftsbeauftragter und 1. Nachrücker, Fachgebiet: Haupt- und Realschule, Mittelstufenschule).
Sollten Sie Fragen, Anregungen oder Themen haben, die aus Ihrer Sicht für die Arbeit im Hauptpersonalrat von Relevanz sein könnten, können Sie mir gerne eine E-Mail schreiben:
Neujahrswünsche
Der Deutsche Lehrerverband Hessen (dlh) wünscht allen Kolleginnen und Kollegen an Hessens
Schulen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hessischen Kultusministeriums und der
Lehrkräfteakademie ein erfolgreiches und vor allem auch ein gesundes Jahr 2022.
Für die dlh-Fraktion
Peter Natus, 17.01.2022